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Zwischen Vision und Umsetzung: Wie gelingt der digitalpolitische Aufbruch?

Berlin, 10. September 2025 - Auf dem 29. cybersec:lunch wurde der aktuelle Stand der Digitalpolitik diskutiert. Mit Beginn der 21. Legislaturperiode gibt es erstmals ein eigenständiges Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung mit vielversprechendem Zuschnitt und breiten Kompetenzen. Der Anspruch des Hauses ist klar: den Staat modernisieren, digitale Infrastrukturen ausbauen und die Digitalwirtschaft stärken. Das neue Ministerium muss hier nun Taktgeber sein, mit klaren Leitplanken für Beschaffung, mit Standards für Sicherheit und Interoperabilität und mit Programmen, die heimische Innovationskraft skalieren. Was das konkret bedeutet und was strategisch dahinter steht, ist aber vielfach noch unklar.

Verwaltungsdigitalisierung ist zentral, digitale Souveränität strategisches Ziel

Moderne Verwaltung entsteht nicht „im stillen Kämmerlein“, sondern in Ökosystemen: durch Wiederverwendung statt Einzellösungen, durch Plattformen statt Parallelwelten, durch gemeinsame Sicherheitsniveaus statt Flickenteppich. Und ihre digitalen Lösungen müssen nicht nur sicher und vertrauenswürdig sein, sondern auch intuitiv und den Alltag erleichternd, so wie wir es aus dem Wirtschaftsleben kennen. In einer Welt zunehmender geopolitischer Spannungen geht es aber nicht nur um Effizienz und Usability, sondern auch um digitale Souveränität, also um die Sicherstellung von Handlungsfähigkeit, die Reduktion von Abhängigkeiten, den Schutz kritischer Infrastrukturen und auch darum, Schlüsseltechnologien und vertrauenswürdige Anbieter zu stärken, also in die Zukunft zu investieren.

cybersec.lunch#29 Bild der Expertenrunde

Die Teilnehmer der Expertenrunde von links nach rechts: Thilak Mahendran vom Thinktank AGORA Digitale Transformation, Jeanne Dillschneider, Obfrau der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung, Ralph Brinkhaus, Digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Ralph Brinkhaus, Digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, forderte u. a. mehr Zentralisierung und Konsolidierung bei der Verwaltungsdigitalisierung und zudem eine starke Priorisierung von Cybersicherheit und digitaler Souveränität. Er mahnte aber auch, dass sogar vorhandene Top-Lösungen, wie die Digitalfunktionen des Personalausweises nicht viel für Sicherheit, Souveränität und Verwaltungsdigitalisierung bewirken können, wenn es keine alltäglichen Nutzungsmöglichkeiten gibt. Letzteres müsste vor allem auch bei der Umsetzung der EUDI- Wallet berücksichtigt werden.

Auch für Jeanne Dillschneider, Obfrau der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung, muss das Streben nach digitaler Souveränität Leitbild der Verwaltungsdigitalisierung sein. Sie betonte hier aber, dass dabei die Verantwortung und die Lasten nicht nach unten durchgereicht werden dürften. Etwa bei der NIS-2 Umsetzung sei hier noch einiges im Argen und bei den Konsolidierungsversuchen sollten die Kompetenzen der Umsetzer auf der Kommunal- und Landesebene vielmehr abgeholt werden.

Der Technologie- und Regulierungsexperte Thilak Mahendran vom Thinktank AGORA Digitale Transformation konnte im Rückgriff auf die verschiedenen Studien der AGORA ein weiteres Problemfeld deutlich machen: Für das Gelingen der Umsetzung fehlt es auf Bundesebene noch an einer klaren Steuerungsstruktur und an klaren Durchgriffsrechten, etwa dem eigentlich vorgesehenen IT-Zustimmungsvorbehalt und anderen möglichst beim BMDS zentralisierten Befugnissen.

Über den cybersec.lunch

Der cybersec.lunch ist ein regelmäßiges Format des Tagesspiegels, unterstützt von der Bundesdruckerei-Gruppe. In nur einer Mittagspause kommen zahlreiche Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen und besprechen drängende Fragen der Digitalisierung. Das Konzept: zwei bis vier Gastredner stellen zunächst kurz ihre Sicht zum jeweiligen Thema des cybersec.lunch vor und diskutieren dann gemeinsam mit den Teilnehmern